Individualität und Spiritualität stärken
Seit langem war es mein lebhafter Wunsch einmal, so wie Johnny Cash mit seinem Live-Auftritt im Folson Prison, in einem Gefängnis Musik zu machen, um Menschen hinter Gitterfenstern mit einem «Sound der Stärke» – einem ‚Divine Rock ‘n’ Roll‘ – zu ermutigen. Dass ich aber als Gefängnisseelsorger der ‹Knastkirche› die Gelegenheit bekommen würde, das hatte ich erstmal nicht für möglich gehalten. Der Sinn einer derartigen musikalischen und künstlerischen Ermutigung im Gefängnis liegt für mich, kurz gesagt, in einem tiefen Gefühl für den Menschen, für seine Ästhetik und für die Begegnung der Vielfalt der (Sub-) Kulturen, Religionen und Weltanschauungen. Diese Palette und farbige Bewegtheit des menschlichen Daseins ist vor allem in einer Justizvollzugsanstalt heute eine unausweichliche, spürbare und dynamische Realität geworden. Der Aufsatz bezieht sich in großen Teilen auf meine Promotionsschrift «Towards a Theology of Prison Ministry» (Ansatz einer Theologie der Gefängnisseelsorge).
Der Grundsatz, den wir als ökumenisches Seelsorgeteam gemeinsam für die Aktivitäten in den Justizvollzugsanstalten Hünfeld und Fulda (Hessen, Deutschland) formuliert
haben, lautet: Durch die Begegnung das wahrhafte, kreative und respektvolle Miteinander stärken. Vieles bleibt in der Gefängnisseelsorge und vor allem im Gefängnisalltag irgendwie unzureichend. Die neuen Maßstäbe
und theologischen Folgerungen, die sich für uns daraus ergeben haben, sind: echte Begegnungen zwischen Menschen zu fördern, sowohl in Gottesdiensten, in Einzelgesprächen als auch in kreativer Gruppenarbeit,
und dies zu pflegen mit einer zeitgemäßen «Theologie der Stärkung» (Theology of Empowerment). Das heißt: wir suchen im kontemplativen und diakonischen Sinne die echten und tief spirituellen Begegnungen
im Zwischenmenschlichen, mit Hilfe von Musik, Kunst, Literatur und Kultur, um so die Menschen in ihrer Würde, Individualität und Spiritualität zu stärken. Eine besondere Rolle in dieser Art von «energetischer
Seelsorge» spielt die gegenseitige Bereicherung – ‹die Ratschläge des Herzens› – in der ökumenischen Zusammenarbeit.
Lesen Sie hier weiter: https://www.seelsorgeundstrafvollzug.ch/_downloads/Seelsorge_Strafvollzug_Heft_Nr_08.pdf
Text und Bilder: Diakon Dr. Meins Coetsier
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