02. Mär 2023
Durch eine gelungene Osterkartenaktion in der Pfarrgemeinde Bieber erreichte Pastoralassistent Niklas Beck, dass Menschen über ihren Glauben sprechen, Gemeinschaft feiern und mit einem herzlichen Zeichen ein DANKESCHÖN weitergeben.
Niklas Beck wurde in seiner Ausbildung zum Pastoralreferenten durch das Buch "Eine Kirche für viele" von Erik Flügge und David Holte inspiriert und hat in seiner Pfarrei mit ehrenamtlichen Helfern über 1500 Gemeindeangehörige mit einer Danke-Aktion überrascht.
Ein Best Practice - Beispiel, das völlig unkompliziert auch in Ihrer Gemeinde funktionieren könnte.
Warum ist die Osterkartenaktion wertvoll?
Wer freut sich nicht über eine Postkarte aus dem Urlaub, sei es von einem guten Freund oder einem Familienangehörigen? Doch haben Sie schon einmal Post von Ihrer Kirchengemeinde bekommen? Und damit meine ich nicht den jährlich eintrudelnden Kirchgeldbescheid oder die Einladung zu Veranstaltungen und Gottesdiensten – vielmehr einfach mal ein Dankeschön, eine kleine Aufmerksamkeit, eine Wertschätzung:
„Eine kleine Geste, bei der nicht darum gebettelt wird, dass der andere doch in der Osternacht zum Gottesdienst kommt. Einfach ein Zeichen, das aussagt: „Wir wissen, dass Sie Teil unserer Gemeinde sind. Wir haben Sie nicht vergessen. Sie sind Teil der Hoffnung, die in unserem Herzen wohnt.““
(Flügge, S. 69)
Dieses Zitat stammt aus dem Buch „Eine Kirche für viele“ von Erik Flügge und David Nolte. Darin weist Flügge auf die Realität im Pfarreialltag hin, dass ca. 90% der Mitglieder unserer Kirche nicht am Gemeindeleben teilnehmen und dennoch weiter Teil der Kirchengemeinde sind.
Von dieser Feststellung getrieben, stellte er sich die Frage, wie wir wieder eine Kirche für Viele sein können. Hierfür brauche es zunächst einen Perspektivwechsel, den er am Gleichnis des verlorenen Sohnes veranschaulicht.
Was wäre, wenn wir nicht die 90% als die verlorenen Söhne und Töchter begreifen. Was wäre, wenn man sich selbst als der verlorene Sohn versteht, der nach Hause kommt zu seiner lang ignorierten Familie der anderen Gemeindemitglieder.
Was wäre, wenn wir in ebendiesen Gemeindemitgliedern den Vater sehen, den wir so lange nicht mehr gesehen haben, und zu dem wir gerne zurückkehren möchten – mit einem ehrlichen Interesse an dessen Erfahrungen mit und ohne Gott.
Als ersten Schritt in die Richtung der Gemeindemitglieder schlägt Flügge vor, eine handgeschriebene Osterkarte an alle Gemeindemitglieder zu schreiben. Denn mit der Osterkartenaktion können die Aktiven der Pfarrgemeinde einen Impuls senden, sich über das Osterfest, die Auferstehung und den eigenen Glauben Gedanken zu machen, sich auszutauschen und ins Gespräch zu kommen. Darüber hinaus wird einfach mal allen Kirchenmitgliedern gedankt und die Freude darüber zum Ausdruck gebracht, dass sie Teil der Kirchengemeinde sind.
Einen Beispieltext für eine Osterkarte von Erik Flügge.
Die Osterkartenaktion in der Pfarrei Mariä Geburt Bieber
Inspiriert von dem Buch von Erik Flügge, habe ich die Osterkartenaktion im Februar 2019 in meiner Heimatpfarrei in Bieber im Rahmen eines Kurzvortrags im Pfarrheim vorgestellt. Relativ schnell gab es im Raum den Konsens, die Aktion durchzuführen. Am gleichen Abend wurden voller Motivation in Kleingruppen die verschiedensten Formulierungen für die Osterkarten erarbeitet – wohlwissend, dass ein standardisierter Text nicht wirklich zum Charme einer handgeschriebenen Grußkarte passt. Insbesondere beim Austausch über den Glauben an die Auferstehung, über die Osterbotschaft, bei den regen Diskussionen und bei der gemeinsamen Suche nach den passenden Worten für die Osterkarten war die Gegenwart Gottes regelrecht spürbar. Nach diesem intensiven Austausch wurden dann noch kurz Aufgaben verteilt: Wer kümmert sich um die Postkarten, die Listen der Gemeindemitglieder und das Zusammenstellen der Textbausteine? Anschließend machten wir einen Termin aus, an dem wir uns zum gemeinsamen Schreiben der Karten getroffen haben.
Mitte März war es dann so weit und gut 40 Gemeindemitglieder zwischen 13 und 94 versammelten sich zum gemeinsamen Kartenschreiben im Pfarrheim. Damit an diesem Abend sowohl der Spaß als auch das leibliche Wohl nicht zu kurz kam, sorgte der Pfarrgemeinderat mit diversen Köstlichkeiten für lockere Rahmenbedingungen. Nach einigen geselligen Stunden konnten wir bereits auf zahlreiche Postkarten blicken, die allesamt mit einem persönlichen, handgeschriebenen Ostergruß versehen waren. Trotz des unermüdlichen Einsatzes vieler Gemeindemitglieder waren am Ende des Abends noch einige Dutzend Karten zum Beschriften übrig. Doch es erklärten sich mehrere Gläubige bereit, zuhause mit der Schreibarbeit fortzufahren.
Die ca. 1500 handgeschriebenen Osterkarten wurden dann in der Karwoche an jedes Mitglied der Pfarrei verteilt .
Neben der Pfarrei in Bieber haben deutschlandweit bereits weitere Pfarreien die Osterkartenaktion durchgeführt und berichten begeistert von ihren Erfahrungen. Die Aktion zeigt, wie die aktiven Gemeindemitglieder über ihren eigenen Glauben ins Gespräch kommen können und wie mit einem überschaubaren Aufwand jedem Gemeindemitglied ein persönlicher Dank und ein Ostergruß gesendet werden kann.
Osterkartenaktion kurzgefasst:
Text: Niklas Beck
Bilder: privat, unsplash.com
Buchcover: Herderverlag
Pastoralassistent
Pfarrei St. Klara und Franziskus
Dekanat Hanau
90 Prozent der Kirchenmitglieder nehmen nicht am Gemeindeleben Teil. Sie zahlen nur für den Rest. Kann das wirklich die Idee einer Kirche sein? Wer zahlt, schafft an. Heißt es. Nur in der Kirche nicht. Ein Fakt, der Kirche ad absurdum führt.